Seite "Aufgaben adaptieren" in einfacher Sprache
Der Mathematikunterricht sollte Schülerinnen und Schüler jedes Leistungsniveaus individuell fördern.
Um dies zu erreichen, sind laut Lehrplan (vgl. MSW, 2008) „gute Lernaufgaben“ erforderlich, die …
Hinzuzufügen ist, dass mit dem letztgenannten Punkt keine übertriebene Individualisierung des Unterrichts gemeint ist. Ist dieser zu speziell auf jeden einzelnen Lernenden ausgerichtet, kann kein fachlicher Austausch mehr erfolgen, was dazu führt, dass Prozesse des von- und miteinander Lernens nicht mehr stattfinden können (Individualisierungsfalle).
Natürlich ist nicht immer das Lernen an gemeinsamen Inhalten und mit gemeinsamen übergeordneten Problemstellungen möglich. Aber wo immer es sinnvoll ist, sollten Lehrpersonen die Bedingungen dafür schaffen, dass alle Schülerinnen und Schüler mit ihren jeweiligen Lernmöglichkeiten einen Zugang zur Aufgabenstellung erhalten und sich an Prozessen des Gemeinsamen Lernens beteiligen können.
Auf dieser Seite soll daher aufgezeigt werden, wie eine adaptive Berücksichtigung von Heterogenität realisiert werden kann, die insbesondere im inklusiven Unterricht relevant ist. Hierzu werden sieben eng miteinander zusammenhängende Leitideen formuliert, die in der Unterrichtspraxis oftmals in Verbindung auftreten, wobei es häufig nicht möglich sein wird, alle sieben Leitideen in einem Unterrichtsvorhaben gleichermaßen zu berücksichtigen. Einige davon sind eher aufgabenspezifisch wie beispielsweise die Leitidee „Offene Aufgaben“, andere wiederum eher aufgabenübergreifend („Forschermittel“, …). Da diese häufig ineinander übergehen, lassen sie sich nicht immer abgrenzen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden sie nachfolgend aber getrennt voneinander beschrieben:
Anforderungsbereiche
Das Anforderungsniveau der Aufgabenstellung variiert auf Grundlage verschiedener Anforderungsbereiche (Reproduzieren, Zusammenhänge herstellen, Verallgemeinern und Reflektieren; MSW, 2008), die innerhalb einer Aufgabe oder in unterschiedlichen Teilaufgaben angesprochen werden.
Tipps und Herausforderungen
Die Aufgabenstellung wird durch unterschiedliche Formen der individuell angepassten Lernunterstützung oder -erweiterung (Tipps, Hilfsaufgaben, Sternchenaufgaben, Transferaufgaben, Wortspeicher, …) erleichtert oder vertieft.
Verwandte Aufgaben
Die Aufgabenauswahl erfolgt von den Schülerinnen und Schülern aus in der Regel zwei Aufgaben, mit gleicher oder ähnlicher Struktur, aber unterschiedlichen Inhalten. Diese zeichnen sich durch analoge Aufgabenanforderungen aus, die sich in Anspruch und Komplexität zwar unterscheiden, aber im Sinne des Spiralprinzips aufeinander aufbauen.
Offene Aufgaben
Die Aufgabenauswahl wird innerhalb eines durch die Aufgabenstellung aufgespannten Rahmens, der vielfältige Wahlmöglichkeiten eröffnet, durch die Schülerinnen und Schüler selbst realisiert. Komplexität und Anspruchsniveau können sie demnach, ausgehend von ihren Lernmöglichkeiten, selbst bestimmen.
Darstellungsformen
Die Bearbeitung der Aufgabe wird durch die Bereitstellung unterschiedlicher Zugänge sowie die Nutzung und Vernetzung verschiedener Darstellungsformen (Handlungen an Material, Nutzung bildlicher Darstellungen, Kontexte aus der Lebenswirklichkeit, …) erleichtert.
Vorgehensweisen
Durch die Verwendung von mathematisch reichhaltigen Aufgaben („ergiebige Aufgaben“), die auf mathematischen Gesetzmäßigkeiten und Mustern beruhen, können die Lernenden unterschiedliche Vorgehensweisen zur Bearbeitung der Aufgabe im Hinblick auf individuelle Lernwege selbst auswählen.
Forschermittel
Das Nutzen von Forschermitteln (Pfeile, Einkreisungen, farbige Markierungen, Plättchen, Kärtchen zum Ordnen, Nummerierungen, …) kann die Schülerinnen und Schüler dabei unterstützen, mathematische Strukturen zu entdecken („Instrument des Forschens“), Entdecktes darzustellen („Dokument des Forschens“) und über Dargestelltes zu kommunizieren („Instrument des Kommunizierens“).
Hier die Übersicht zu „Aufgaben adaptieren" als PDF downloaden.
Die genannten Leitideen verstehen sich als Konkretisierung des Prinzips der sog. natürlichen Differenzierung (nach Wittmann & Müller), welche Krauthausen und Scherer (2010) wie folgt umreißen: „ein gemeinsames Lernangebot für alle Kinder; (inhaltliche) Ganzheitlichkeit und ein Mindestmaß an Komplexität (woraus sich naturgemäß unterschiedliche Schwierigkeitsgrade ergeben); Freiheit des Bearbeitungsniveaus, der Lösungswege, Hilfsmittel und Darstellungsweisen sowie ggf. auch der Problemstellungen selbst; soziales Lernen von- und miteinander" (vgl. KIRA: Natürliche Differenzierung am Beispiel Plättchen in der Stellenwerttafel)
Auf den folgenden Unterseiten sind weiterführende Informationen zu den sieben Leitideen zu finden. Die dargestellten Unterrichtsbeispiele wurden in inklusiven Klassen erprobt und erläutern anhand ausgewählter Kinderdokumente die weitreichenden Möglichkeiten der adaptiven Berücksichtigung von Heterogenität.