Gemeinsames Lernen mit Hilfe paralleler Aufgaben – Das Erforschen des Hunderterraumes auf Grundlage inhaltlich analoger Aufgabenstellungen

Das folgende Unterrichtsbeispiel entstammt einer Unterrichtsreihe zur Zahlenraumerweiterung bis 100 („Wir erforschen die Hundertertafel“), die in einer aus 30 Schülerinnen und Schülern bestehenden zweiten Schulklasse mit sehr heterogenen Lernvoraussetzungen durchgeführt wurde. In der inklusiven Lerngruppe befinden sich u.a. Kinder mit erhöhtem Unterstützungsbedarf im Bereich „Lernen“ und sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf im „sozial-emotionalen Bereich“ sowie im Bereich „Sprache“. Der Schwerpunkt lag auf der aktiv-entdeckenden Auseinandersetzung mit dem Medium „Hundertertafel“ (Abb. 4; vgl. Wittmann & Müller, 1993) und ihrer dezimalen Zahldarstellung.

Abbildung einer Hundertertafel: Quadrat, das aus 10 mal 10 Quadraten besteht. Die Zahlen 1 bis 100 sind aufgelistet. Die erste Reihe besteht aus den Zahlen 1 bis 10, darunter 21 bis 30, 31 bis 40, 41 bis 50, 51 bis 60, 61 bis 70, 71 bis 80, 81 bis 90 und 91 bis 100. Die Zahlen untereinander und übereinander haben eine Differenz von 10, die Zahlen nebeneinander eine Differenz von 1.
Abbildung 4: „Hundertertafel"

Die Zahlen von 1 bis 100 sind systematisch dargestellt, wobei  der ordinale Zahlaspekt im Vordergrund steht. Jede Zahl hat innerhalb der vorgegebenen dezimalen Struktur ihren festen Platz (vgl. Nührenbörger & Pust, 2006).
Die „Hundertertafel“ bietet sich für verwandte Aufgabenstellungen an, da sich die Aufgaben innerhalb des Mediums bezüglich der Schwierigkeitsanforderungen vielfältig differenzieren lassen (vgl. Lorenz & Radatz, 1993) und jedes Kind etwas entdecken kann.

Das Kernanliegen (der initiierte/bewusste Lernzuwachs) der Unterrichtsreihe bestand zum einen darin, mathematische Strukturen innerhalb des erweiterten Zahlenraums bis 100 zu entdecken, zu beschreiben und zu begründen. Zum anderen  sollte in diesem Zusammenhang die Kommunikationskompetenz durch Verwendung von fachbezogener Sprache mit Fachbegriffen, wie beispielsweise „die Spalte“, gefördert werden (vgl. PIKAS: Haus 4: Sprachbildung – Unterrichtsmaterial – Orientierung an der Hundertertafel).

Beide Teilziele sind in inklusiven Lerngruppen von besonderer Relevanz. Das erste Teilziel ist für leistungsschwächere genauso bedeutsam wie für leistungsstärkere Kinder, da das Wissen über die strukturellen Zusammenhänge das Rechnen erleichtern kann. Auch das zweite Teilziel spielte in dieser Lerngruppe eine besondere Rolle, da sie einen hohen Anteil von Kindern aufweist, die Deutsch als Zweitsprache erlernen. Zudem ist der Aufbau eines mathematischen Wortschatzes für alle Lernenden wichtig, da sie ihre Überlegungen nur durch die Nutzung korrekt gewählter Begriffe ausreichend illustrieren können.

Die folgenden Kinderdokumente entstammen der Untereinheit: „Wir erstellen ein eigenes Hundertertafel-Poster“. Diese beinhaltet eine aktiv-entdeckende Auseinandersetzung mit Hundertertafel-Ausschnitten. Die Schülerinnen und Schüler sollen die Positionierungen von Zahlen in Zusammenhang zu angrenzenden Zahlen untersuchen, um das Entdecken und Begründen der dekadischen Anordnung der Hundertertafel anzuregen.

Drei Arbeitsblätter zu Entdeckungen an der Hundertertafel. Aufgabe 1: „Finde die fehlenden Zahlen. Wie gehst du vor? Zeige mit Forschermitteln.“ Darunter jeweils vier Ausschnitte aus der Hundertertafel mit einer Zahl. Sternchenaufgabe: „Beschreibe einen Trick, mit dem wir fehlende Zahlen schnell finden können.“ Die Arbeitsblätter unterscheiden sich hinsichtlich des Zahlenraums sowie der Komplexität der Ausschnitte.
Abbildung 5

Aufgabe der Schülerinnen und Schüler war es, neben dem Finden der fehlenden Zahlen, einen Trick zu beschreiben, welcher das Finden von Zahlen in Zukunft vereinfachen sollte. Ausgehend vom Grundanforderungsblatt (Abb. 5, Mitte) wurden zwei analog aufgebaute Arbeitsblätter in einem niedrigeren Zahlenraum (Abb. 5, links) und in einem höheren Zahlenraum (Abb. 5, rechts) erstellt. Deutlich erkennbar sind der parallele Aufbau und die gemeinsame Aufgabe, welche allen Kindern aufträgt, eine Strategie zu finden, über die sich in der Reflexion trotz unterschiedlicher Arbeitsblätter ausgetauscht werden kann. Betrachtet man das „vereinfachte“ Arbeitsblatt, wird deutlich, dass nicht nur der Zahlenraum niedriger gehalten ist, sondern generell ein Unterschied im Schwierigkeitsgrad besteht. Die einzutragenden Zahlen sind hauptsächlich Zehnerzahlen und können bis auf eine Ausnahme additiv bestimmt werden (Abb. 6).

Das leistungsschwächere Kind konnte durch das Forschermittel „Pfeile“ (vgl. PIKAS: Haus 1: Entdecken, Beschreiben, Begründen – Unterrichts-Material – Forschermittelplakat, s. auch 'Forschermittel') die Struktur der Hundertertafel deutlich machen. Der Einerschritt in einer Zeile und der Zehnerschritt beim „Sprung“ in einer Spalte wurden erkannt und genutzt, um fehlende Zahlen zu finden. Die Pfeile dienten dem Kind somit nicht nur zum Verdeutlichen der Vorgehensweise, sondern waren zugleich Unterstützung, um die Struktur zu verinnerlichen.

Aufgabe 1: „Finde die fehlenden Zahlen. Wie gehst du vor? Zeige mit Forschermitteln.“ Ausschnitt 1: 2 mal 2-Quadrat, oben links ist 5 eingetragen. Schülerlösung: 6, 15, 16 wurden eingetragen. Die Zahlen 5 und 6 wurden mit einem Pfeil verbunden und mit „+1“ markiert. Die Zahlen 5 und 15 wurden mit einem Pfeil verbunden und mit „+10“ gekennzeichnet. Ausschnitt 2: Die 7 ist eingetragen, jeweils 2 leere Felder rechts daneben und nach unten. Schülerlösung: 8, 9, 17 und 27 wurden eingetragen. Die Zahlen 7, 8 und 9 wurden mit Pfeilen verbunden und mit „+1“ markiert. Ausschnitt 3: Die 18 ist eingetragen, 2 leere Felder nach rechts und von dort ausgehend zwei leere Felder nach unten. Schülerlösung: 19, 20, 30 und 40 wurden eingetragen. Die Zahlen 18, 19 und 20 wurden mit Pfeilen verbunden und mit „+1“ markiert. Ausschnitt 4 (Sternchenaufgabe): Die Zahl 67 ist eingetragen, drei leere Felder rechts daneben und von dort ausgehend ein leeres Feld jeweils nach oben und unten. Schülerlösung: 68, 69, 70, 60 und 80 wurden eingetragen. Die Zahlen 67, 68 und 69, 70 wurden mit einem Pfeil verbunden und mit „+1“ gekennzeichnet.
Abbildung 6

Auch das Kind mit erhöhtem Unterstützungsbedarf im Bereich Lernen (Abb. 7) konnte die leichteren Puzzleteile mit Unterstützung durch das Zwanzigerfeld (Wittmann & Müller, 1993; vgl. ‚Tipps und Herausforderungen‘) lösen.

2 mal 2-Quadrat, oben links ist 5 eingetragen. Schülerlösung: 6, 15 und 16 wurden eingetragen. Die übereinanderliegenden Zahlen wurden mit einem Pfeil verbunden und „+10“ markiert. Die nebeneinanderliegenden Zahlen wurden mit einem Pfeil verbunden und mit „+1“ gekennzeichnet.
Abbildung 7

Leistungsschwächere Kinder, die versuchten ihre Vorgehensweise zu beschreiben, machten dies anhand von konkreten Zahlenbeispielen (Abb. 8). Der beschriebene Trick entspricht somit eher dem Zählen als einer verallgemeinerbaren ökonomischen Strategie.

Sternchenaufgabe: „Beschreibe einen Trick, mit dem wir die fehlenden Zahlen schnell finden können.“ Antwort: „Wenn die 5 kommt, weiß man, dass die 6 danach kommen muss. Wenn die 7, weiß man, dass die 8 kommen muss. Immer so weiter.“ (Rechtschreibung angepasst).
Abbildung 8

Entgegen der vorherigen Beschreibung (Abb. 8), bei der das Kind mit der linearen Zahlenfolge argumentiert, nutzt die Schülerin in Abbildung 9 schon die Lagebeziehungen der Zahlen auf der Hundertertafel („über“, „rechts von“). Es ist erkennbar, dass sie in der Hundertertafel bereits eine Orientierung hat, auch wenn sich diese zunächst auf einen kleinen Zahlenraum und die Zehnerzahlen beschränkt.

Schülerlösung zur Aufgabe 1 „Finde die fehlenden Zahlen. Wie gehst du vor? Zeige mit Forschermitteln.“ Ausschnitt: Die 18 ist eingetragen, nach rechts 2 leere Felder und von dort ausgehend zwei leere Felder nach unten. Die Zahlen 19, 20, 30 und 40 wurden eingetragen. Die nebeneinanderliegenden Zahlen wurden mit Pfeilen und „+1“ markiert. Die übereinanderliegenden Zahlen wurden mit Pfeilen und „+10“ gekennzeichnet. Antwort: „Die 20 steht über der 30, die 20 steht rechts von der 19“ (Rechtschreibung angepasst).
Abbildung 9

Auf dem Grundanforderungsarbeitsblatt sind ebenfalls vorwiegend Schritte „in positiver Richtung“ zu absolvieren. Eine beispielhafte Bearbeitung wird in den Abbildungen 10 und 11 verdeutlicht. Die Vorgehensweise des Schülers ist durch die Pfeilrichtungen und die Operationszeichen nachvollziehbar. Die Pfeile und Operationszeichen dienten dem Schüler zugleich auch als Orientierungshilfe.

Aufgabe 1 „Finde die fehlenden Zahlen. Wie gehst du vor? Zeige mit Forschermitteln.“ Ausschnitt 1: Die Zahl 39 ist eingetragen, jeweils ein leeres Feld nach oben und unten. Von unten ausgehend jeweils ein leeres Feld nach rechts und links. Schülerlösung: 29, 48, 49 und 50. Die Zahlen 48, 49 und 50 wurden mit einem Pfeil verbunden und mit „+1“ markiert. Ausschnitt 2: Die Zahl 41 ist eingetragen, ein leeres Feld rechts daneben und zwei leere Felder nach unten. Von unten ausgehend ein leeres Feld nach rechts. Schülerlösung: 42, 51, 61 und 62. Die Zahlen 41, 42 und 61, 62 wurden mit Pfeilen verbunden und mit „+1“ markiert. Die Zahlen 41, 51 und 61 wurden mit Pfeilen und „+10“ gekennzeichnet. Ausschnitt 3: Die Zahl 75 ist eingetragen, 2 leere Felder rechts daneben und ein leeres Feld nach unten. Schülerlösung: 76, 77 und 85. Die Zahlen 75, 76 und 77 wurden mit Pfeilen verbunden und mit „+1“ markiert. Die Zahlen 75 und 85 wurden mit einem Pfeil verbunden und mit „+10“ gekennzeichnet. Die Ausschnitt 4: Die Zahl 59 ist eingetragen, 2 leere Felder links daneben und von dort ausgehend ein leeres Feld nach oben. Schülerlösung: 58, 57 und 47. Die Zahlen 57, 58 und 59 wurden jeweils mit Pfeilen verbunden und mit „minus 1“ markiert. Die Zahlen 47 und 57 wurden mit einem Pfeil und „ minus 10“ gekennzeichnet. Die Zahlen 58 und 59 wurden mit einem Pfeil und „+1“ markiert.
Abbildung 10
 

Die Beschreibung (Abb. 11) mit Zuhilfenahme von Fachwörtern („die Spalte“; „die Zeile“) ist allgemeiner („ima“) als bei den zuvor beschriebenen Dokumenten. Der Trick ist nicht an konkrete Zahlen gebunden, sondern auf alle Puzzleteile übertragbar.

Sternchenaufgabe: „Beschreibe einen Trick, mit dem wir die fehlenden Zahlen schnell finden können.“ Antwort: „In der Spalte ist es immer +10 und in der Zeile ist es immer +1“ (Rechtschreibung angepasst).
Abbildung 11

Auf dem Arbeitsblatt für leistungsstärkere Kinder finden sich vor allem Schritte „in negativer Richtung“ und keine Zehnerzahlen. Ein leistungsstarkes Kind (Abb. 12) verdeutlichte nicht jeden seiner bewältigten Rechenschritte, sondern nur solche, die zum Verstehen seiner Strategie ausreichten. Sein Vorgehen beinhaltete nicht nur Einer- und Zehnerschritte in den Zeilen und Spalten. Beim letzten Puzzleteil nutzte er Diagonalen und fand die fehlenden Zahlen durch Neuner- und Elfersprünge von der Startzahl aus.

Aufgabe 1 „Finde die fehlenden Zahlen. Wie gehst du vor? Zeige mit Forschermitteln.“ Ausschnitt 1: Zahl 37 ist eingetragen, jeweils ein leeres Feld rechts und links daneben. Von beiden Seiten ausgehend ein leeres Feld nach oben. Auf der linken Seite ein zusätzliches leeres Feld nach links. Schülerlösung: 25, 26, 36, 38 und 28. Die  Zahlen 37 und 36 wurden mit einem Pfeil verbunden und „minus 1“ markiert, die Zahlen 37 und 38 wurden mit einem Pfeil und „+1“ markiert. Ausschnitt 2: Die Zahl 66 ist eingetragen, zwei leere Felder links daneben und von dort ausgehend zwei leere Felder nach oben. Schülerlösung: 44, 54, 64 und 65. Die Zahlen 44 und 54 wurden mit einem Pfeil verbunden und mit „+10“ markiert. Die Zahlen 66 und 65 wurden mit Pfeilen und „minus 1“ gekennzeichnet. Ausschnitt 3: Die Zahl 78 ist eingetragen, darunter ein leeres Feld, von dort ausgehend zwei leere Felder nach links, ein leeres Feld nach unten und ein leeres Feld nach links. Schülerlösung: 95, 96, 86, 87 und 88. Die Zahlen 87 und 88 wurden mit einem Pfeil verbunden und mit „+1“ markiert. Die 78 und 88 wurden mit einem Pfeil verbunden und mit „+10“ gekennzeichnet. Die Ausschnitt 4: Die Zahl 90 ist eingetragen, ein leeres Feld links daneben, von dort ausgehend jeweils ein leeres Feld nach oben und unten. Von unten ausgehend zwei leere Felder nach links. Schülerlösung: 97, 98, 99, 89 und 79. Die Zahlen 90 und 99 wurden mit einem Pfeil verbunden und mit „+9“ markiert. Die Zahlen 79 und 90 werden mit einem Pfeil und „minus 11“ gekennzeichnet.
Abbildung 12

Das Vorgehen eines anderen Kindes (Abb. 13) zeigt, dass die fehlenden Zahlen auf unterschiedliche Weise gefunden werden können. Entgegen des vorherigen Dokuments geht dieser Schüler schrittweise von einer Zahl zur anderen vor.

Schülerlösung zur Sternchenaufgabe „Finde die fehlenden Zahlen. Wie gehst du vor? Zeige mit Forschermitteln.“ Ausschnitt: Die Zahl 90 ist eingetragen, links ein leeres Feld, von dort ausgehend jeweils ein leeres Feld nach oben und unten. Von unten ausgehend zwei leere Felder nach links. Die Zahlen 79, 89, 99, 98 und 97 wurden eingetragen. Die Zahlen 97, 98 und 99 wurden mit Pfeilen und „minus 1“ markiert. Die Zahlen 79 und 89 mit einem Pfeil und „minus 10“, die Zahlen 89 und 99 mit einem Pfeil und „+10“. Die Zahlen 89 und 90 wurden mit einem Pfeil verbunden und mit „minus 1“ gekennzeichnet.
Abbildung 13

Die Beschreibung in Abbildung 14 der leistungsstarken Schülerin beinhaltet Fachwörter und kann als allgemeingültige Strategie („immer“) bezeichnet werden.

Sternchenaufgabe: „Beschreibe einen Trick, mit dem wir die fehlenden Zahlen schnell finden können.“ Antwort: „In der Zeile ist immer nur plus eins und in der Spalte ist es immer nur plus zehn“ (Rechtschreibung angepasst).
Abbildung 14
 

 Das Potenzial von verwandten Aufgabenstellungen wird meist erst in der Reflexionsphase bemerkbar, in welcher der kollektive Austausch aller gemachten Entdeckungen stattfindet. Um die Motivation der Schülerinnen und Schüler bis dahin konstant zu halten, ist die Arbeit an einem gemeinsamen Handlungsprodukt sinnvoll. Im Falle der dokumentierten Unterrichtsstunden durften die Kinder ihre gefundenen Zahlen in Kleingruppen auf großformatige Puzzleteile übertragen, welche im Anschluss daran mit den anderen Teilen zusammen ein Hundertertafel-Poster ergaben (Abb. 15).

Verwandte Aufgaben können demnach auch als Mittel dazu genutzt werden, ein übergeordnetes Handlungsprodukt zu erzeugen, zu dem jedes Kind etwas beitragen kann. Um das Hunderterfeld in Gänze zu erhalten, wurden alle Zahlen d.h. auch verschiedene Puzzleteile in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden benötigt, damit das Poster vervollständigt werden konnte (Abb. 16).

Plakat eines unvollständigen Hunderterfelds mit den Eckzahlen 1, 10, 91 und 100. In der Mitte sind die Zahlen 45, 46, 55 und 56 gegeben.
Abbildung 15
Das unausgefüllte Hunderterfeld aus der vorherigen Abbildung wurde von den Lernenden passend ausgefüllt.
Abbildung 16

 In der Reflexionsphase wurden exemplarisch einige Teile unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades ausgewählt, welche gemeinsam an das Poster angebracht wurden. Schwerpunkt der Reflexion waren demnach die gefundenen Strategien und ihre Zweckmäßigkeit. Die Kinder erläuterten diese an ihren ausgefüllten Puzzleteilen, wodurch auch leistungsschwächere andere Strategien kennenlernten. Je nach verfügbarer Zeit, kann das Erstellen des Posters weggelassen werden. Die Kinder können ihre Entdeckungen dann an einem fertigen Poster erklären, auf dem sie ihre bearbeiteten Ausschnitte aber erst wiederfinden müssen.

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass „verwandte Aufgabenstellungen“ oft Gemeinsamkeiten aufweisen. Sie sind leicht veränderbar und auf verschiedene Zahlenräume übertragbar, da der Fokus auf den prozessbezogenen Kompetenzen (vgl. KIRA: Problemlösen & Co – Kompetenzen im Mathematikunterricht) liegt. „Evident ist, dass dieses umso besser gelingt, je mehr sich auch im Mathematikunterricht eine Kultur des Erforschens, Entdeckens und Erklärens entwickeln [kann], je mehr das Beschreiben und Begründen zu einem natürlichen Bestandteil des Unterrichts geworden ist bzw. diese Grundhaltung der Kinder erhalten [wird]" (Selter, 2004, S. 34). Dies ist gerade dann der Fall, wenn das Kernanliegen der Unterrichtsstunde darin besteht, Strategien oder Rechenwege auszutauschen und das Vergleichen korrekter Ergebnisse einen geringeren Stellenwert einnimmt.

Weitere Anregungen

Ein weiteres Beispiel für ‚verwandte Aufgabenstellungen‘ entstammt einer Unterrichtsreihe zum Thema „Wir rechnen am Rechenstrich“ (vgl. ‚Offene Aufgaben einsetzen‘). In einer Unterrichtsstunde ging es darum, eine Subtraktionsaufgabe auf verschiedenen Wegen zu lösen (vgl. Arbeitsblatt „Rechenstrich ZR 100“). Auch hier sind die Rechenwege auf einen kleineren Zahlenraum (vgl. Arbeitsblatt „Rechenstrich ZR 20) übertragbar (vgl. Abb. 17).

Zwei Arbeitsblätter zum Thema „Rechnen am Rechenstrich“. Aufgabe 1: „Finde verschiedene Wege um die Minusaufgabe 19 minus 14 (39 minus 14 auf Arbeitsblatt 2) zu rechnen. Wie gehst du vor? Zeige mit Forschermitteln.“ Darunter 4 Rechenstriche, auf denen rechts ein vertikaler Strich mit der 19 (39 auf Arbeitsblatt 2) versehen ist. Sternchenaufgabe: „Beschreibe deinen Rechenweg, den du am besten findest.“ Darunter Platz zum Schreiben. Darunter „Mein Rechenweg heißt:“.
Abbildung 17

Kinder mit Unterstützungsbedarf können somit ihren Weg in die Reflexion mit einbringen. Ähnlich können auch analog aufgebaute Arbeitsblätter zu Additions- oder Multiplikationsaufgaben angefertigt werden.