Wenn im Folgenden für die motorischen Behinderungen i.e.S., den Körperbehinderungen, auch mögliche Auswirkungen für den Mathematikunterricht beschrieben werden, soll damit kein deterministischer Zusammenhang behauptet werden: Die hier beschriebenen Beeinträchtigungen sind vielmehr als Risikofaktoren zu verstehen, die zu Schwierigkeiten im Mathematiklernen führen können. In diesem Sinne zielen die nachfolgenden Darstellungen auf eine generelle Sensibilisierung für mögliche Probleme ab, die im Zusammenhang mit Körperbehinderungen und Mathematikunterricht berücksichtigt werden sollten.
Abbildung 9: Mögliche beeinträchtigte Bereiche des Verhaltens (in Anlehnung an Leyendecker, 2005, S. 94 ff.)
In Abbildung 9 werden die verschiedenen Bereiche des Verhaltens dargestellt, die durch eine Körperbehinderung beeinträchtigt werden können. Beeinträchtigungen in der Motorik lassen sich bei allen drei Formen körperlicher Behinderungen feststellen. Durch eine Schädigung der zentralen bewegungssteuernden Systeme des Gehirns oder des Rückenmarks werden eine veränderte Muskelspannung sowie eine gestörte Bewegungskoordination hervorgerufen.
Die Bewegungsfähigkeit betroffener Menschen kann sowohl durch einen spastischen (Hypertonie), athetotischen (Dystonie) oder ataxischen (Hypotonie) Muskeltonus stark beeinträchtigt sein und zu einer Störung der Bewegungskoordination führen. Diese zeigt sich einerseits in der Grobmotorik und drückt sich, unter der Annahme, dass die betroffene Person überhaupt in der Lage ist zu gehen, je nach Muskelspannung in einem deutlich eingeschränkten Gangbild aus (bspw. Spitzfußstellung; stockendes, stolperndes, stampfendes oder hinkendes Gehen). Ausgeprägte Einschränkungen ergeben sich andererseits in der Feinmotorik. Diese reichen von leichten Schwierigkeiten bei Greifbewegungen bis hin zu der Unmöglichkeit, Hände oder Finger überhaupt kontrolliert bewegen zu können.
Bei einer Schädigung der Muskulatur und des Skelettsystems ist die Bewegungsfähigkeit durch einen zunehmenden Abbau der Muskeln gekennzeichnet, der im Fall der progressiven Musykeldystrophie Duchenne zu motorischen Funktionsausfällen sowie einer immer stärker eingeschränkten Bewegungsfähigkeit führt. Eingeschränkte motorische Fähigkeiten treten auch bei chronischen Krankheiten bzw. Fehlfunktionen innerer Organe auf und äußern sich in primären, bspw. rheumatischen Erkrankungen oder sekundären Bewegungseinschränkungen, bspw. in verringerter Belastbarkeit durch Herzerkrankungen.
Beeinträchtigte motorische Fähigkeiten können im Mathematikunterricht auf verschiedensten Ebenen führen zu Schwierigkeiten führen. Da sich das Mathematiklernen in einer Wechselwirkung zwischen praktischem Handeln einerseits und geistigen Prozessen andererseits vollzieht, können motorische Beeinträchtigungen den Lernprozess in doppelter Weise erschweren, sowohl in Bezug auf eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten als auch auf die eng damit verbundenen kognitiven Entwicklungsprozesse. Je nach Ausprägungsgrad kann die gesamte Feinmotorik beeinträchtigt sein, sodass bspw. elementare Greifbewegungen, das Schreiben und Zeichnen sowie das Schneiden, Falten und Kleben im Geometrieunterricht deutlich erschwert oder nicht ausführbar sind.
Beeinträchtigungen in der Grobmotorik führen bspw. dazu, dass betroffene Kinder Schwierigkeiten bei der Ausführung koordinativer Abläufe haben. Darüber hinaus können je nach Erscheinungsform der Bereich des sensomotorischen Lernens und die Umsetzung methodischer Aspekte wie bspw. der handlungsorientierte Unterricht deutlich erschwert sein. Motorische Beeinträchtigungen wirken sich zum einen direkt auf die Durchführung und Gestaltung des Mathematikunterrichts an sich und die aktive individuelle Beteiligung aus. Zum anderen können sie auf einer tieferen Ebene den verständnisvollen Aufbau mathematischer Kompetenzen erschweren und längerfristig zu Rechenschwierigkeiten führen, wenn Kinder z. B. im Mathematikunterricht bestimmte Handlungen mit konkreten Materialien nicht ausführen können und allein auf ihr Vorstellungsvermögen angewiesen sind.
Der enge Zusammenhang zwischen Motorik und Lernen wird im weiteren Verlauf dieses Teilmoduls unter dem Aspekt des bewegten Lernens näher dargestellt.
Eine eingeschränkte Wahrnehmung wird nicht selten durch die im vorherigen Abschnitt beschriebenen Bewegungsbeeinträchtigungen hervorgerufen. Für Kinder mit motorischen Bewegungseinschränkungen sind sowohl der generelle Erfahrungs- und Handlungsspielraum als auch die Möglichkeit, ihre Umwelt eigenaktiv zu erkunden, stark begrenzt. Elementare Entwicklungsanreize, die über motorische Erlebnisse zu einer ausdifferenzierten Wahrnehmung beitragen, können von diesen Kindern nicht oder nur eingeschränkt erlebt werden. Aus diesem Grund kann von einem grundlegenden Erfahrungsmangel bzw. einem reduzierten Erlebnis- und Erfahrungsraum gesprochen werden.
Darüber hinaus wird die erschwerte Wahrnehmungsentwicklung durch eingeschränkte Möglichkeiten der sensorischen Rezeption (Aufnahme) zusätzlich verstärkt, die sich bei vielen Körperbehinderungen in Form einer Sinnesbehinderung zeigt und als eine gestörte Integration der aufgenommenen sensorischen Reize (Dysgnosie) aufgefasst werden kann. Da die sensomotorischen Erfahrungen des eigenen Körpers, d.h. die Steuerung und Kontrolle der Bewegungen im Zusammenspiel mit den Sinnesrückmeldungen, als elementare Grundlage für die Entwicklung der räumlichen Wahrnehmungsfähigkeit angesehen wird, zeigen die Betroffenen häufig Schwierigkeiten bei der Perzeption von Form, Größe, Menge, Richtung und Raum.
Bei Kindern mit cerebralen Bewegungsbeeinträchtigungen liegt in Abgrenzung zu den sensomotorischen Störungen eine sog. „zentrale“ Wahrnehmungsstörung vor, die durch eine beeinträchtigte zentral-nervöse Verarbeitung und Integration von Reizen bedingt ist. Diese Kinder zeigen aufgrund des motorischen Erfahrungsmangels oftmals Schwierigkeiten in der Selektion (Auswahl), Diskrimination (Unterscheidung) sowie Integration (Verarbeitung) aufgenommener Wahrnehmungsreize. Ebenso fällt ihnen eine sinngebende Zuordnung und intermodale Verknüpfung wahrgenommener Reize schwer.
Beeinträchtigungen im Bereich der Wahrnehmung können direkte Auswirkungen auf die Entwicklung geometrischer Kompetenzen haben. Zum einen kann bei betroffenen Schülerinnen und Schülern die visuelle Wahrnehmungsfähigkeit von konkret vorhandenen Objekten erschwert sein. Sie können Probleme in der visuomotorischen Koordination zeigen, das ist das Zusammenspiel von visueller Wahrnehmung und Bewegungsapparat, vornehmlich in der Auge-Hand-Koordination.
Darüber hinaus werden Schwierigkeiten häufig in der Figur-Grund-Diskrimination, der Wahrnehmungskonstanz sowie der Wahrnehmung der Raumlage von Objekten bzw. der räumlichen Beziehung zwischen Objekten sichtbar. Nicht selten resultieren solche Schwierigkeiten in einer verzögerten Entwicklung der Raumvorstellung, die sich auf die mentale Reproduktion von Objekten bezieht, und in einem erschwerten Aufbau des räumlichen Denkens, das ist der Fähigkeit, räumliche Veränderungen und Bewegungen im Raum mental durchzuführen. Kinder mit Wahrnehmungserschwernissen haben darüber hinaus häufig Schwierigkeiten mit der Rechts-Links-Unterscheidung, sie können Schrift- und Zahlenzeichen nicht immer korrekt interpretieren oder produzieren und es kommt häufiger zu Verdrehungen oder Vertauschungen von Ziffern (Bergeest et. al. 2015, S. 310).
Des Weiteren kann eine beeinträchtigte Wahrnehmung die Entwicklung früher arithmetische Kompetenzen beeinflussen und den Aufbau eines tieferen Verständnisses erschweren. Das Wahrnehmen von Mengen, bspw. in Form der simultanen oder quasi-simultanen Mengenerfassung und das Wahrnehmen von Mengenunterschieden stellen für viele betroffene Lernende Hürden dar.
Auf der unterrichtspraktischen Ebene kann eine Beeinträchtigung der Wahrnehmung bspw. die strukturierte Gestaltung des Arbeitsmaterials in Form von vergrößerten, im Umfang reduzierten und sehr übersichtlichen Arbeitsblättern sowie eine bewusste Strukturierung des Arbeitsplatzes erfordern.
Bei körperlichen Behinderungen kann nicht grundsätzlich von einer verminderten bzw. beeinträchtigten Intelligenz ausgegangen werden, gleichwohl lassen sich häufig Schwankungen in Teilleistungen bzw. Beeinträchtigungen einzelner Funktionen feststellen, da durch erschwerte motorische Bewegungs- und Handlungsausführungen auch die geistigen Entwicklungsprozesse beeinflusst werden können.
Aus qualitativer Sicht können verschiedene Merkmale veränderter Intelligenzfunktionen beschrieben werden, die überwiegend mit einer cerebralen Bewegungsstörung einhergehen: Die betroffenen Kinder haben oftmals Schwierigkeiten, abstrakte Problemstellungen zu lösen sowie simultane kognitive Leistungsanforderungen zu bewältigen. Daraus ergibt sich nicht selten eine hohe Ablenkbarkeit.
Des Weiteren fallen ihnen kognitive Leistungsanforderungen, die eine sensomotorische Koordination erfordern, schwer. Der bereits mehrfach erwähnte motorische Erfahrungsmangel kennzeichnet auch die Intelligenzentwicklung und zeigt sich in einer verhältnismäßig geringer differenzierten Struktur kognitiver Fähigkeiten. Daraus folgt, dass Kinder mit körperlichen Behinderungen bei kognitiven Problemstellungen oftmals nicht auf spezifische Fertigkeiten bzw. gezielte Lösungsmöglichkeiten zurückgreifen können. Vielmehr aktivieren sie globalere Fähigkeiten, ohne dabei zielgerichtet vorzugehen.
In Bezug auf den Mathematikunterricht zeigen sich die beschriebenen Problembereiche oftmals bei komplexen Lerninhalten wie dem Problemlösen, dem Mathematisieren oder dem Lösen von anspruchsvollen Sachaufgaben. Der vielfach erwähnte Mangel an Erfahrungen kann zu einem verzögertem Aufbau des Merksystems und einer retardierten Entwicklung grundlegender kognitiver Fähigkeiten führen, die für mathematische Lernprozesse relevant sind.
Bewegtes Lernen
Der positive Einfluss von Bewegung auf die geistige Entwicklung ist in Wissenschaft und Forschung gut belegt, er findet seit einigen Jahren im Konzept „Bewegte Schule“ des Schweizers Urs Illi zunehmend Beachtung. Bewegte Schulen verstehen sich als Lern- und Lebensraum, in dem Bewegung in den gesamten Schulalltag integriert wird. Diese Schulen reagieren damit auf die veränderte, bewegungsarme Lebenssituation vieler Kinder, denn die menschliche Bewegungsfähigkeit wird als Grundprinzip des Lebens angesehen, das mit vielen anderen Entwicklungs- und Leistungsbereichen verknüpft ist (Bergeest et. al. 2015, S. 240). Motorik ist ein wichtiger Baustein für viele Lernprozesse, sie kann im Zusammenspiel mit anderen funktionellen Systemen als ein tragendes Fundament für langfristige kognitive Lernerfolge angesehen werden (Busche, Butz & Teuchert-Noodt 2006, S. 44).
Einen Einblick in eine beispielhafte Umsetzung des Konzepts bietet das vom Niedersächsischen Kultusministerium unterstützte Projekt „Bewegte Schule“ unter http://www.bewegteschule.de/ .
Die frühe kindliche Entwicklung verläuft häufig „vom Greifen zum Be-Greifen“, Bewegung und Lernen sind dann „zwei Seiten einer Medaille“ und direkt aufeinander bezogen ( Busche, Butz & Teuchert-Noodt 2006, S. 42). Besonders der Selbstwahrnehmung des Körpers in Raum und Zeit wird eine entscheidende Funktion für spätere Lernerfolge zugesprochen. Diese entwickelt sich im frühen Kindesalter vor allem durch das Krabbeln- und Laufenlernen und differenziert sich im weiteren Entwicklungsverlauf durch Klettern, Balancieren oder Schaukeln aus (ebd., S. 40).
Die motorischen Zentren des Gehirns sind an Verarbeitungs-, Lern- und Erinnerungsvorgängen beteiligt. Körperliche Bewegung schüttet verschiedene Neurotransmitter( Botenstoffe) aus, welche die Anpassungsleistungen des Gehirns begünstigen und Lernprozesse fördern (Gasse & Dobbelstein 2003, S. 23). Das bedeutet, dass Bewegung die Netzwerkbildung des Gehirns unterstützt und somit die Aufnahme und Verarbeitung neuen Wissens erleichtert. Diese für das Lernen so wichtigen strukturellen neuronalen Verbindungen im Gehirn werden demzufolge durch motorische Aktivitäten vermehrt und der Lernprozess verläuft unter permanenter Rückkopplung auf Bewegungsprozesse. Darüber hinaus steigert Bewegung die Durchblutung des Gehirns und infolgedessen die Konzentrationsfähigkeit eines Menschen.
Die gedächtnispsychologische Forschung schreibt dem Zusammenspiel von motorischem und mentalem Lernen verbessertes Behalten durch doppelte Kodierung von Lerninhalten zu, vor allem beim schnellen und sicheren Abrufen von Gedächtnisspuren aus dem Langzeitgedächtnis (ebd., S. 20). Bewegung hat demnach eine „lernerschließende Funktion“ und kann als Medium der körperlich-sinnlichen Aneignung von Lerninhalten angesehen werden (Laging, Derecik, Riegel und Stobbe, 2010, S. 164).
Fehlende Bewegungsanreize in der Kindheit bzw. eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten in Form von motorischen Beeinträchtigungen oder Körperbehinderungen werden nicht selten kognitive Entwicklungsprozesse deutlich erschweren oder dauerhaft stören, auch wenn ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen körperlichen Behinderungen und einer eingeschränkten Lernfähigkeit bzw. Leistungsentwicklung nicht abgeleitet werden kann.
Bei Kindern mit cerebralen Bewegungsstörungen lässt sich beobachten, dass sie zwar generell nicht weniger, aber deutlich langsamer lernen als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler. Sie benötigen mehr Zeit und lernen eher unregelmäßig und diskontinuierlich. Nicht selten werden nach kurzen Lernphasen Rückschritte erlebt, viele Kinder können sich nur kurzzeitig konzentrieren, sie zeigen frühzeitig Anzeichen von Erschöpfung, vorwiegend bei komplexen und abstrakten Aufgaben. Sie können aus den soeben genannten Gründen einmal Gelerntes nur in begrenztem Umfang speichern und nur langsamer abrufen und es fällt ihnen ausgesprochen schwer, bereits Gelerntes auf neue Situationen zu übertragen.
Hinsichtlich des Lernens lässt sich aber nicht nur eine Beeinträchtigung der sensorischen Reizaufnahme (Dysgnosie) konstatieren, sondern ebenfalls eine Störung des motorischen Outputs, d.h. der Umsetzung eines wahrgenommenen Reizes, welche durch Handlungen ausgeführt wird (Dyspraxie). An dieser Stelle sei auf die Tatsache hingewiesen, dass Menschen im Allgemeinen mehr Wahrnehmungs- als Handlungsmöglichkeiten besitzen. Für Menschen mit körperlichen Behinderungen bedeutet dies, dass die ohnehin geringeren Handlungsmöglichkeiten durch ihre Behinderungen deutlich stärker eingeschränkt sind. Ein auf der Handlungsebene beschränktes Reaktionspotential lässt demnach nicht zwangsläufig auch auf eine eingeschränkte Wahrnehmungskapazität schließen.
Beeinträchtigungen im Bereich des Lernens, die in Folge einer körperlichen oder motorischen Behinderung in Erscheinung treten, können direkten Einfluss auf das Mathematiklernen nehmen. Schwierigkeiten können sich bspw. in den prozessbezogenen Kompetenzen des Problemlösens und Modellierens zeigen, da hier komplexe Denkprozesse zur Lösung eines mathematischen Problems erforderlich sind. Weiterhin stellen die Handlungsplanung sowie die Umsetzung eines Handlungsentwurfs häufig Herausforderungen für die Schülerinnen und Schüler dar. Diese können sowohl durch motorische oder wahrnehmungsbedingte Beeinträchtigungen hervorgerufen werden oder vor dem Hintergrund begrenzter Verarbeitungs- und Lernkapazitäten entstehen.
Eine zentrale Rolle spielt in diesem Bereich zudem die Koordination von Wahrnehmung und Motorik, die bei Kindern mit einem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf körperliche und motorische Entwicklung häufig beeinträchtigt ist. Im Zusammenhang mit möglichen Beeinträchtigungen des Lernens sollen für die vorliegende Schülerschaft der Vollständigkeit halber auch mathematische Lernschwierigkeiten in Form von Rechenschwäche berücksichtigt werden.
Beeinträchtigungen des emotionalen Verhaltens sind schwierig zu beschreiben, denn es gibt nur wenige empirische Belege und das persönliche Empfinden einer Körperbehinderung ist sehr subjektiv. Es besteht eine außerordentlich hohe interindividuelle Varianz, sodass kaum generalisierbare Aussagen gemacht werden können. Vielmehr steht die jeweilige individuelle Art der Auseinandersetzung mit einer Körperbehinderung im Mittelpunkt, die nicht immer zwingend nur negative Auswirkungen haben muss, sondern sich oftmals auch durch positive Anstöße für die Persönlichkeitsentwicklung äußert.
In Bezug auf die wenigen Untersuchungen, die derzeit vorliegen, können vorsichtige Tendenzen abgeleitet werden. Demnach kommen Verhaltensauffälligkeiten häufiger bei Kindern mit einer Hirnschädigung vor. Diese manifestieren sich in verstärkter Passivität, depressiv-resignierenden Verhaltensmustern, gesteigerter emotionaler Empfindlichkeit, vermehrter Ängstlichkeit bis hin zu unausgeglichener Impulskontrolle und aggressivem Ausagieren, manchmal sogar in sozialer Isolation. Fraglich bleibt allerdings, ob diese emotionalen Verhaltensauffälligkeiten in direkter Verbindung zur Körperbehinderung stehen oder auf andere Ursachen zurückzuführen sind.
Negative Auswirkungen auf der emotionalen Ebene, die als Folge einer körperlichen Behinderung auftreten können, werden auch im unterrichtlichen Kontext sichtbar und können sich auf den individuellen Lernerfolg eines Kindes erheblich auswirken. Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf im Bereich körperliche und motorische Entwicklung können durch die in diesem Teilmodul beschriebenen Beeinträchtigungen verschiedenste Schwierigkeiten beim Mathematiklernen entwickeln. Diese können bei den Lernenden zu Frustrationserfahrungen führen und eine demotivierende Wirkung auf ihr weiteres Lernverhalten einnehmen.
Da das Fach Mathematik an sich häufig mit Angst beladen ist und bei vielen Lernenden als schwer verständlich gilt, können negative Emotionen und fehlendes Selbstvertrauen in die eigenen (mathematischen) Kompetenzen zu geringer Lernmotivation und oberflächlich mechanischem, eher rezeptartigen und wenig engagiertem Lernen führen (Spiegel & Selter 2013, S. 64). Dadurch werden allerdings das eigenständige Denken und ein tieferes Verständnis der mathematischen Strukturen verhindert und es entstehen in der Folge nicht selten zusätzlich zu den behinderungsbedingten Beeinträchtigungen weitere, mathematikspezifische bzw. fachimmanente Lernschwierigkeiten.
Beeinträchtigungen in der Kommunikation können sich bei Menschen mit Körperbehinderungen sowohl in den verbalen und nonverbalen Kommunikationsformen als auch in ihren stimmlichen und nicht-stimmlichen Ausdrucksmöglichkeiten zeigen. Besonders cerebrale Bewegungsstörungen gehen mit einer motorischen Einschränkung des gesamten Ausdrucksverhaltens einher, wodurch die kommunikativen Möglichkeiten deutlich erschwert sind und es den Betroffenen oftmals unmöglich ist, überhaupt über gesprochene Sprache zu kommunizieren. Fehlende Sprechfähigkeit bedeutet allerdings nicht zwangsläufig auch fehlendes Sprachverständnis (Bergeest et. al. 2015, S. 248).
Die gravierenden Einschränkungen auf der kommunikativen Ebene sind jedoch häufig mit langjährigen Erfahrungen des Nicht-Verstanden-Werdens bzw. des Sich-nicht-mitteilen-Könnens verknüpft. Sie führen zu tiefreichenden Frustrationserlebnissen, die sich negativ auf die Persönlichkeitsentwicklung auswirken können. Für Menschen, die in ihren kommunikativen Fähigkeiten beeinträchtigt sind, ist es folglich von besonders hoher Relevanz, sowohl die Lautsprache zu fördern als auch sie ergänzende bzw. ersetzende Kommunikationsformen zu finden.
Für den deutschsprachigen Raum ist damit die „Unterstützte Kommunikation“ gemeint (UK), die sowohl therapeutische als auch pädagogische Maßnahmen umfasst. UK zielt darauf ab, die kommunikativen Möglichkeiten bei Menschen ohne Lautsprache auszubauen und zu sichern. Dabei können zum einen körpereigene Kommunikationsformen (bspw. Mimik, Gestik, Gebärdensprache, hinweisendes Zeigen mit den Augen etc.) und zum anderen extern unterstützende Formen der Kommunikation unterschieden werden. Letztere lassen sich in nicht-elektronische und elektronische Kommunikationshilfen unterscheiden. Ausführliche Beispiele der UK können Sie in Teilmodul Gestaltete Lernumgebung kennenlernen.
Das Erfassen von mathematischen Kompetenzen weist in vielen Bereichen eine enge Verknüpfung mit sprachlichen Anforderungen auf. Einerseits hinsichtlich der Sprachkompetenz der Lernenden, die ihre Gedanken, Ideen und Ergebnisse in der Auseinandersetzung mit mathematischen Inhalten verbalisieren und mit anderen diskutieren. Darüber wird ein vertiefendes Verständnis der fachspezifischen Inhalte erworben. Andererseits besteht eine Verbindung zwischen Sprache und Mathematik ausgehend von den sprachlichen Anforderungen der Aufgabenstellungen an sich.
Der Ausdruck „Mit Sprache kann man rechnen!“ verdeutlicht die Relevanz der Sprache und des Sprechens bezogen auf den Verständnisaufbau mathematischer Inhalte. „Mathematik ist Kommunikation mit dem unterschiedlichen Gegenstand, Kommunikation seiner Repräsentationen, Kommunikation der Mathematiktreibenden untereinander.“ (Grohmann, 2014, S. 52). Die hier angesprochene Verbindung wird nicht zuletzt durch die fachimmanenten prozessbezogenen Kompetenzen (Argumentieren, Darstellen, Kommunizieren) verstärkt. Ist eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der körperlichen Behinderung in den kommunikativen Fähigkeiten beeinträchtigt, kann dies deutlichen Einfluss auf die Entwicklung des mathematischen Verständnisses nehmen.
Ausführliche Informationen hierzu können Sie im Modul Förderschwerpunkt Sprache entnehmen.
Eine ausführliche Betrachtung des sprachlichen Anteils im Mathematikunterricht können Sie in dem Artikel „Sprachenvielfalt im Mathematikunterricht: Herausforderungen, Chancen und Förderansätze“ von Meyer und Prediger (2012) nachlesen.
Die beiden Schweizer Autoren Gallin und Ruf (1998) setzen sich in ihrem Buch „Sprache und Mathematik in der Schule. Auf eigenen Wegen zur Fachkompetenz“ intensiv mit der Thematik auseinander und unterbreiten Vorschläge für die Unterrichtsgestaltung.
Die motorischen Behinderungen i.w.S sind motorische Beeinträchtigungen, die aufgrund ihrer nicht eindeutig zuzuordnenden Ätiologie nur auf der Ebene des Verhaltens als Entwicklungsstörungen oder als Verhaltensstörungen bzw. als emotionale Störungen erfasst werden können . Sie können, müssen aber nicht zwangsläufig zu einer erschwerten Selbstverwirklichung und eingeschränkten sozialen Teilhabe führen.
Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf solche Verhaltensbeeinträchtigungen, die im Kontext von Schule mit einer Häufigkeit von etwa 5 bis 20 Prozent relativ oft beobachtet werden können (Leyendecker, 2005, S. 107) und die sich auf den Mathematikunterricht auswirken und zu Einschränkungen des mathematischen Lernens führen können.
Abbildung 10: Erscheinungsformen motorischer Beeinträchtigungen (in Anlehnung an Leyendecker, 2005, S. 84 ff.)
Die Beeinträchtigungen in der Entwicklung motorischer Funktionen gelten als funktionelle Beeinträchtigungen. Dazu zählen zum einen umschriebene Entwicklungsstörungen, die in etwa bei 3% der Schülerschaft auftreten. In Anlehnung an die ICD-10 beginnen Entwicklungsstörungen ausnahmslos im Kleinkind- oder Kindesalter und weisen eine enge Verknüpfung mit der biologischen Reifung des zentralen Nervensystems auf. Der Verlauf ist konstant, d.h. es kommt weder zu Rückfällen noch zu einem Nachlassen der Störung (Leyendecker, 2005, S. 108). Betroffene Kinder zeigen eine deutlich beeinträchtigte Entwicklung ihrer motorischen Koordination, die weder allein auf eine verminderte Intelligenz, noch auf eine umschriebene angeborene oder erworbene neurologische Störung zurückzuführen ist.
Kinder mit einer umschriebenen Entwicklungsstörung zeigen ausgeprägte Schwierigkeiten in fein- und grobmotorischen Aufgaben, die signifikant unterhalb des Niveaus liegen, welches entsprechend des Alters und der allgemeinen Intelligenz zu erwarten ist. Die Schwierigkeiten zeigen sich im Bereich der Grobmotorik bspw. in einem verzögerten Erlernen des Laufens, Hüpfens und Treppensteigens, in Schwierigkeiten beim Rückwärtsgehen sowie in einer unbeholfenen Körperhaltung. Feinmotorisch bereiten bspw. das Zu- und Aufknöpfen von Kleidung, das Schuhbinden oder das Werfen und Fangen von Bällen Probleme. Auch das Zeichnen und Schreibenlernen sind deutlich erschwert. Grundlegendes Merkmal ist eine allgemeine Ungeschicklichkeit, die sich in unkontrollierten, unruhigen Bewegungen der freigehaltenen Gliedmaße äußert und einen vorwiegend schlaffen Muskeltonus aufweist.
Um von einer umschriebenen Entwicklungsstörung sprechen zu können, müssen die Auffälligkeiten bereits frühzeitig in der Entwicklung eines Kindes wahrnehmbar sein und dürfen keine direkte Folge einer Hör- bzw. Sehfunktionsstörung darstellen. Die beschriebenen Ausprägungen stellen allerdings nur sogenannte „Soft-signs“ (ebd., S. 109) dar, denn bei relativ vielen kleinen Kindern lassen sich oftmals vorrübergehend vereinzelte Auffälligkeiten in ihrer motorischen Entwicklung feststellen. D.h. ein vermehrtes und konstantes Auftreten erlaubt noch keine fundierte Diagnose, sondern sollte als Indikator für neurologische Dysfunktionen ernst genommen und weiter verfolgt werden.
Als weitere Beeinträchtigung in der Entwicklung motorischer Funktionen sind Haltungsschwächen aufzuführen, die mit einer Prävalenzrate von ca. 10% verhältnismäßig häufig bei Schulkindern vorzufinden sind. In Abgrenzung zu schweren Körperschädigungen handelt es sich bei Haltungsschwächen um geschwächte oder krankhafte Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparats, die durch unzureichende Kraft des Stützgewebes, d.h. der Muskeln und der Bänder, gekennzeichnet sind. Dadurch bedingt kommt es zu einer Störung des muskulären Gleichgewichts, die sich auf die Beweglichkeit einzelner Gliedmaßen und Gelenke sowie des Rumpfes auswirken kann. Häufige Erscheinungsformen äußern sich in Wirbelsäulenverkrümmungen oder Fußschäden.
Haltungsschäden entstehen überwiegend in kritischen Entwicklungsphasen des schnellen Wachstums (10.-14. Lebensjahr) und lassen sich auf einen Bewegungsmangel, unzureichende Bewegungsanreize oder einseitige bzw. nicht altersentsprechende Belastungen zurückführen (ebd., S.109).
Beeinträchtigte motorische Fähigkeiten aufgrund einer Intelligenzminderung äußern sich insbesondere in Koordinationsstörungen, die nicht im Zusammenhang mit anderen psychischen oder körperlichen Behinderungen auftreten. Vor dem Hintergrund der enormen Heterogenität der Erscheinungsformen geistiger Behinderungen gestalten sich auch die daraus folgenden motorischen Beeinträchtigungen als äußerst variantenreich und dementsprechend schwierig zu erfassen.
Die Erscheinungsformen betreffen sowohl die Grob- und Feinmotorik als auch den Muskeltonus, der verändert sein kann. Die Spannweite erstreckt sich über leichte Koordinationsstörungen bis zu schwerwiegenden Einschränkungen in Bezug auf körperliche Beweglichkeit, Fortbewegung sowie Greiffunktionen. Etwa 5 % der Schülerschaft ist von diesen beeinträchtigenden motorischen Fähigkeiten betroffen (ebd., S. 108).
Ausführliche Informationen im Zusammenhang mit geistiger Behinderung sowie dem entsprechenden sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf erhalten Sie im Modul Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung.
Den zweiten Bereich motorischer Beeinträchtigungen bilden die Verhaltens- und emotionalen Störungen, die mit einer psychischen bzw. neuropsychologischen Ursache in Verbindung gebracht werden. Die in Abbildung 10 dargestellten möglichen Erscheinungsformen treten bei ungefähr 10% aller Kinder auf, wobei Jungen häufiger betroffen sind als Mädchen (Leyendecker 2005, S. 112).
Gehemmte Motorik ist in der Regel psychisch begründet und tritt mit einer Rate von 5 % relativ häufig in Erscheinung, auch wenn sie in der ICD-10 nicht als abgrenzbares Krankheitsbild erfasst wird (Leyendecker 2005, S. 112 f.). Das Bewegungsverhalten ist gekennzeichnet durch geringe spontane motorische Aktivitäten, Verkrampfung, motorische Unsicherheit und kleinschrittiges Gehen bei geringem Bewegungsinteresse und Antriebsarmut. Häufige Begleiterscheinungen sind Unsicherheit, geringes Selbstvertrauen und Versagensängste und damit verbunden wenig Bereitschaft, neue motorische Aktivitäten auszuprobieren. Ursächlich kann gehemmte Motorik auf einengende Erziehungsmaßnahmen wie Überbehütung oder Überforderung zurückgeführt werden oder sie entsteht als sekundäre Folge eines traumatischen Erlebnisses.
Dissoziative Störungen umfassen Störungen der Körperfunktionen, die normalerweise willentlich kontrolliert werden sowie Störungen, die den Verlust sinnlicher Wahrnehmungen beinhalten. Diese können sich nach traumatischen Erlebnissen und in Lebensphasen mit erhöhter psychischer Belastung als Ausdruck emotionaler Bedürfnisse bzw. Konflikte entwickeln oder plötzlich auftreten. In ihrer Ursache sind sie zeitlich eng an die psychisch belastenden Vorkommnisse gebunden.
Charakteristisch für dissoziative Störungen ist das Auseinanderfallen bzw. die Spaltung von Bewusstsein und Empfindung. Häufig kommt es darüber hinaus zu sogenannten Umwandlungen, die sich darin zeigen, dass Psychisches ins Körperliche übertragen und durch körperliche Symptome sichtbar wird. Kennzeichnend ist der teilweise oder völlige Verlust der Integration von Erinnerungen an die Vergangenheit, des Identitätsbewusstseins, der Wahrnehmung unmittelbarer Empfindungen sowie der zielgerichteten Beherrschung von Körperbewegungen.
Die häufigste Erscheinungsform ist der teilweise oder vollständige Verlust der Bewegungsfähigkeit eines oder mehrerer Körperteile, der sich in verschiedenen Lähmungsgraden äußert. In der Regel zeigen dissoziative Funktionsstörungen je nach Schweregrad der ursächlichen psychischen Belastung nach einigen Wochen oder Monaten eine nachlassende Tendenz. Insbesondere Lähmungserscheinungen und Gefühlsstörungen, die mit einem vorübergehenden oder dauerhaften psychischen Problem in Verbindung stehen, entwickeln sich eher langsam. Die Auftretenshäufigkeit dieser Funktionsstörungen ist bei ≤1% aller Kinder jedoch relativ gering (Leyendecker 2005, S. 112).
Hyperkinetische Störungen sind durch eine Kombination von überaktiven, wenig modulierten Verhaltensweisen und mangelnder Ausdauer bei kognitiv anspruchsvollen Aufgaben gekennzeichnet. Die Auffälligkeiten zeigen sich in den ersten fünf Lebensjahren eines Kindes und treten bei etwa 3-7% aller Schülerinnen und Schüler auf. Kindern mit hyperkinetischen Störungen fällt es schwer, konzentriert eine bereits angefangene Tätigkeit zu Ende zu bringen. Ständiges Wechseln der Tätigkeiten, die durch Desorientierung und oftmals überschießende, nur wenig regulierte Aktivitäten ausgeführt werden, sind typische Verhaltenscharakteristika.
Überaktivität sowie beeinträchtigte Aufmerksamkeit stellen die Leitsymptome dar, die in Verbindung mit verschiedenen Begleitauffälligkeiten auftreten können. Als Ursachen werden sowohl genetische Dispositionen angesehen, die eine Störung des Neurotransmitterstoffwechsels bewirken, als auch verschiedene Störungen der Selbstregulation. Hyperkinetisch gestörtes Verhalten führt häufig zu negativen Interaktionen zwischen den betroffenen Kindern und ihren Bezugspersonen, welche ihrerseits wieder eine Verstärkung der ursprünglichen Symptomatik hervorrufen (Leyendecker 2005, S. 117).
Bei Tic-Störungen handelt es sich um eine große Variationsbreite an Bewegungen oder Lautproduktionen, die unwillkürlich, wiederholt und plötzlich auftreten und keinem offensichtlichen Zweck dienen. Die motorischen und vokalen Tics werden in einfache und komplexe Formen unterteilt. Einfache motorische Tics sind bspw. Blinzeln, Grimassieren oder Schulterzucken. Einfache vokale Tics können sich in Räuspern, Zischen, Bellen oder Schnüffeln äußern. Sowohl einfache motorische als auch einfache verbale Tics treten im Kindesalter relativ häufig auf; etwa 12% aller Kinder sind betroffen, wobei Jungen häufiger Tic-Störungen zeigen als Mädchen (Leyendecker 2005, S. 119).
Als komplexe motorische Tics werden Springen, Hüpfen oder Sich-selbst-Schlagen eingeordnet. Komplexe vokale Tics zeigen sich entweder in der Wiederholung einzelner, oftmals obszöner Wörter oder einzelner Laute. Die schwerste Form einer ausgeprägten komplexen Tic-Störung ist das sogenannte Tourette-Syndrom, das motorische und vokale Tics kombiniert. Tic-Störungen entwickeln sich häufig in kritischen Lebensphasen bzw. treten in sozial und psychisch angespannten Situationen auf und können entweder isoliert oder in Verbindung mit anderen Auffälligkeiten, bspw. hyperkinetischen Störungen, in Erscheinung treten. Ursächlich werden sie einerseits angeborenen Dispositionen zugeordnet, andererseits sind oftmals schon kleinste emotionale Erregungen oder traumatische Erlebnisse auslösende Anreize.
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2458050/Tics-bei-Kindern-und-Jugendlichen#/beitrag/video/2458050/Tics-bei-Kindern-und-Jugendlichen
Stereotype Bewegungsstörungen werden in der ICD-10 als willkürliche, wiederholte, stereotype, nicht funktionale und oft rhythmische Bewegungen aufgeführt, die weder einer erkennbaren psychiatrischen Ursache noch einer neurologischen Krankheit zugeordnet werden können (ebd., S. 119). Typische Bewegungsformen sind das Körper- oder Kopfschaukeln, das Zupfen bzw. Eindrehen von Haaren sowie Fingerschnippen und Händeschütteln. Im Gegensatz zu diesen nicht selbstverletzenden Merkmalen lassen sich stereotype selbstschädigende Verhaltensweisen bspw. in wiederholtem Kopfanschlagen oder In-die-Augen-Bohren bzw. Ins-Gesicht-Schlagen finden. Funktional lassen sich diese Verhaltensweisen häufig dadurch begründen, dass betroffene Kinder einen Weg suchen, ihren eigenen Körper zu spüren bzw. ein Mittel gefunden haben, sich ihrer selbst zu vergewissern und Sicherheit zu erfahren. Mehrheitlich treten stereotype Bewegungsstörungen im Zusammenhang mit geistigen Behinderungen auf.
Ein weiterer Aspekt, der nach der ICD-10 zu den motorischen Beeinträchtigungen in Form von Verhaltensauffälligkeiten und emotionalen Störungen zählt, ist der Bereich der Sprech- und Redeflussstörungen. Das Modul Förderschwerpunkt Sprache enthält in dem Teilmodul Definitionen und Daten ausführliche Informationen zu den Erscheinungsformen Stottern und Poltern.
Eine ausführliche Übersicht über die verschiedenen Erscheinungsformen einzelner motorischer Beeinträchtigungen i.w.S. finden Sie in tabellarischer Form in dieser PDF-Datei.