Größen besitzen aufgrund ihres Lebensweltbezugs im Mathematikunterricht der Primar- wie auch der Sekundarstufe I eine große Bedeutung. Konkrete Messerfahrungen im Unterricht können bedeutsam mit Alltagserfahrungen verknüpft werden. Die Erfahrungen der Lernenden können weiter ausgebaut und erworbene Kompetenzen bei der Bewältigung von Messsituationen des täglichen Lebens genutzt werden. 

In den Klassen 5 und 6 der Sekundarstufe I werden bei der Behandlung der Leitidee Größen und Messen die Messerfahrungen und Größenvorstellungen der Lernenden aus der Grundschule mit Bezug zu den Größen Längen, Gewicht/Masse, Volumen und Zeit aufgegriffen, zum Teil wiederholt und beim Verfeinern und Vergröbern der Maßeinheiten, dem Umrechnen in andere Maßeinheiten und verständnisbasierten Rechnen mit Maßzahlen vertieft. Hinzu kommt eine vertiefende Auseinandersetzung mit dem Bestimmen von Flächeninhalten, zu dem die Schülerinnen und Schüler der Grundschule im inhaltsbezogenen Kompetenzbereich Raum und Form erste Erfahrungen gesammelt haben. Schließlich bilden die Vertiefung und Erweiterung von Stützpunktvorstellungen die Grundlage für das Schätzen von Größenmaßen (Greefrath, 2010, S. 112f.; Kultusministerkonferenz, 2022, S. 17f.)

In inklusiven Lerngruppen der Grundschule wie auch der Sekundarstufe I gilt für Schülerinnen und Schüler mit Unterstützungsbedarf, dass sie die Themengebiete des Kompetenzbereichs „Größen und Messen“ analog zu allen anderen Themengebieten im Rahmen ihrer diagnostizierten individuellen Kompetenzen verständnisorientiert und beziehungsreich bearbeiten und dabei Gelegenheiten erhalten, mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern zu kooperieren und zu kommunizieren (Häsel-Weide et al., 2013. S. 25). 

Lehrkräfte der Sekundarstufe I können deshalb davon ausgehen, dass alle Schülerinnen und Schüler ihrer inklusiven Lerngruppe die jeweiligen Inhalte des Kompetenzbereichs „Größen und Messen“ in der Grundschule bearbeitet haben, dies aber gegebenenfalls auf unterschiedlichen Kompetenzniveaus erfolgt ist. Einige Kinder werden möglicherweise mit vielfältigen Messerfahrungen und nachhaltig verfügbaren Größenvorstellungen die Grundschule verlassen und dort bereits erste Umwandlungen von Größenmaßen vorgenommen und mit Größen gerechnet haben. Andere Schülerinnen und Schüler hingegen haben eventuell nur mit wenigen Messgeräten gemessen und verfügen lediglich über einzelne Größenvorstellungen. Der Unterrichtsplanung sollte deshalb eine Diagnostik vorangehen, die Auskunft darüber gibt, über welche Kompetenzen die einzelnen Kinder verfügen und welche Inhalte wie differenziert werden müssen, damit alle Schülerinnen und Schüler an einem gemeinsamen fachlichen Lerngegenstand arbeiten können.

Größen und Messen im Unterricht am Beispiel Längen

Exemplarisch soll die Förderung der Entwicklung der Kompetenzen für den Größenbereich Längen aufgezeigt werden. Dieser Größenbereich ist neben dem der Zeit derjenige mit der größten Alltagsrelevanz für die Schülerinnen und Schüler. Er ist visuell und in seinen physikalischen Eigenschaften (als Entfernung von einem Punkt zum anderen) einfach zu erfassen. Aufgrund der auf dem Dezimalsystem basierenden Struktur lassen sich viele Lerninhalte des Größenbereichs Längen auf die Lerninhalte anderer Größenbereiche (z. B. Fläche, Volumen, Masse (Gewicht) oder Geschwindigkeit) übertragen (Franke & Ruwisch, 2010, S. 204f.).

Peter-Koop & Nührenbörger (2011, S. 98f.) formulieren für eine Unterrichtsgestaltung, mit der der Kompetenzaufbau im Bereich Größen und Messen gelingen kann, dass

  • „das Vorwissen der Kinder im Hinblick auf standardisierte Maßeinheiten und Messinstrumente einbezogen wird, 
  • der Aufbau einer Skalierung ebenso explizit thematisiert wird wie der Zusammenhang zwischen Einheiten und ihren Untereinheiten, 
  • beim Messen im Unterricht bedeutsame Situationen gewählt werden, die eine aktive Auseinandersetzung mit Vergleichs-, Mess- und Schätzaktivitäten sowie die Reflexion der eigenen konkreten Handlungserfahrungen im Umgang mit verschiedenen konventionellen und nicht-standardisierten Messwerkzeugen anregen und erfordern, 
  • alltagstaugliche Stützpunktvorstellungen und wechselseitige Bezüge zwischen verschiedenen Größen, die das Vorstellen und Behalten stützen, aufgebaut und genutzt werden.“

Welche Lerninhalte in der Primarstufe und in der Sekundarstufe I thematisiert werden, was im Einzelnen unter den o. g. Kernkompetenzen in Bezug auf die Größe Länge verstanden wird, was darüber hinaus für das Umwandeln von und das Rechnen mit Längen wichtig ist und welche Besonderheiten der Größe für den Mathematikunterricht von Bedeutung sind, diesen Fragen wird in den folgenden Teilmodulen nachgegangen. 

  • Grundlagen
  • Messen
  • Stützpunktvorstellungen
  • Umwandeln von Längen
  • Rechnen mit Längen

Anhand von konkreten Beispielen sowie gezielten Anregungen und Hinweisen wird insbesondere näher dargestellt, wie der Kompetenzaufbau von Kindern mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen unterstützt und weiterentwickelt werden kann.