Inklusion im Schulalltag

MATIN: Sie sind Lehrerin an einer Grundschule und haben zuletzt eine inklusive Klasse vom ersten bis vierten Schuljahr begleitet.
Worin sehen Sie den größten Gewinn im inklusiven Unterricht? Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen?

Der größte Gewinn liegt darin, dass die Kinder von- und miteinander lernen können. Kinder mit und ohne Beeinträchtigungen lernen, miteinander im Schulalltag zu leben und zu lernen und werden für den jeweils Anderen mit all seinen Stärken und Schwächen sensibilisiert. Akzeptanz, Respekt und Toleranz werden somit gefordert und gefördert.
Allen Kindern mit ihren unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und Leistungsniveaus gerecht zu werden (und das oft alleine als Lehrerin in einer Klasse) ist dabei die größte Herausforderung. Das Ziel muss es sein, einen Unterricht zu gestalten, in und durch den alle Kinder der Lerngruppe Lernfortschritte machen.
MATIN: Was hat sich für Sie als besonders förderlich herausgestellt, um einen Mathematikunterricht für alle zu gestalten?
Als besonders förderlich hat sich die Lernstandsdiagnostik herausgestellt. Es ist wichtig, zu Beginn einer neuen Unterrichtsreihe den Leistungsstand der Kinder bezogen auf das Thema durch eine Standortbestimmung festzustellen. Ausgehend davon kann der Unterrichtsinhalt für die Kinder auf unterschiedlichen Leistungsniveaus angeboten werden. Abschließend sollte man am Ende eines Themas eine weitere Standortbestimmung durchführen, um den Lernzuwachs bei den Schülerinnen und Schülern erheben zu können.
MATIN: Welche Tipps würden Sie einer Kollegin / einem Kollegen für den inklusiven
(Mathematik-)Unterricht geben?

Die erläuterten Aspekte zum Thema der „Diagnostik“ würden sicher zu diesen Tipps gehören. Des Weiteren empfehlen wir eine enge Zusammenarbeit mit den Förderschullehrerinnen und Förderschullehrern der Schule.
Es ist unabdingbar, sich viel Zeit zu lassen, um die Grundlagen vernünftig und nachhaltig mit den Kindern zu erarbeiten, wie z.B. die Zahlzerlegung im Anfangsunterricht Mathematik. Zwischendurch fällt es schwer, sich die Zeit zu nehmen (man will ja auch „weiterkommen“), aber gerade das lohnt sich und sorgt im Endeffekt erst dafür, dass die Kinder tatsächlich vorankommen. Man darf keine Scheu vor handlungsorientierten, offenen Unterrichtsmethoden (Partnerarbeit, Gruppenarbeit, Mathekonferenzen…) haben und sollte diese auch möglichst früh erarbeiten.
Ein sprachsensibler Mathematikunterricht, in dem Wortspeicher mit den Kindern erarbeitet und im Unterricht genutzt werden, um Entdeckungen zu beschreiben, sollte zudem auch grundlegend sein.
MATIN: Welchen Beitrag leistet Ihrer Meinung nach die Webseite „Mathe inklusiv mit PIKAS“ für die Gestaltung inklusiven Unterrichts?
Die Webseite…
…bietet Anregungen für differenzierte Aufgabenstellungen, die an die eigene Lerngruppe angepasst werden können.
…bietet Anregungen zur Planung, Durchführung und Reflexion eines inklusiven Mathematikunterrichts.
… liefert fundiertes Hintergrundwissen zu den unterschiedlichen möglichen Förderschwerpunkten sowie zu ausgewählten mathematischen Inhalten.
… sensibilisiert den Lehrer/die Lehrerin für mögliche Denkweisen, Lösungswege und Herangehensweisen von Schülerinnen und Schülern durch Beispiele (auch in Form von Fotos und Videos).
MATIN: Eine Frage zum Abschluss: Haben Sie ein „P.S.“ für das Projekt „Mathe inklusiv mit PIKAS“?
P.S.: WEITER SO und vielen Dank für die tolle Arbeit!“
Karen Fenske, Grundschullehrerin
Kathrin Guth, zum Zeitpunkt des Interviews Lehramtsanwärterin

Juli 2018 MATIN