Auf dieser Seite wird exemplarisch illustriert, wie unterschiedliche Unterstützungsbedarfe in die Unterrichtsplanung integriert werden können, sodass Unterricht differenziert und inklusiv gestaltet werden kann. Bei den dargestellten Planungsgedanken steht der Bildungsgang „Geistige Entwicklung“ im Fokus, wofür exemplarisch der Schüler Jannis vorgestellt wird. Hier finden Sie weiterführende Informationen zum Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“.

Planungsbeispiel: „100 Bausteine legen“

Der Ausgangspunkt ist die Unterrichtssequenz „100 darstellen“, die dafür leicht angepasst wird. Somit steht folgende Aufgabenstellung für die Klasse im Mittelpunkt:

Aufgabenstellung dargestellt auf Tablet. Rechts oben ein Icon für Partnerarbeit.
Arbeitsauftrag Teil 1: „Legt 100 Bausteine. Wie kann man schnell erkennen, dass es genau 100 sind?“ Links daneben Symbol: Hand, die Bausteine legt.
Arbeitsauftrag Teil 2: „Fotografiert und erklärt.“ Daneben 2 Symbole nebeneinander: eines mit einer Kamera, eines mit einer Person und Sprechblase.

Abbildung 1: Aufgabenstellung „100 Bausteine legen“

Das anschließende Video zeigt die Lernausgangslage von Jannis und wie diese exemplarisch in der Unterrichtsplanung für die oben gezeigte Aufgabenstellung berücksichtigt werden kann.

Video: Unterstützungsbedarfe in die Unterrichtsplanung integrieren (Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung)

Im Anschluss werden nun die Ausführungen aus dem Video nochmals genauer dargestellt.

Lernvoraussetzungen von Jannis

Jannis wird im Bildungsgang Geistige Entwicklung gefördert. Seine Lernvoraussetzungen in Bezug auf die Aufgabenstellung „100 Bausteine legen“ werden in der folgenden Abbildung dargestellt:

Übersicht zur den Lernvoraussetzungen von Jannis in Bezug auf fachliche Voraussetzungen und Förderbereiche. 
5 Darstellungen bestehend aus einem Kreis mit Bild und Kasten mit Text. 
Oben Überschrift „Fachliche Voraussetzungen“, darunter zwei Darstellungen.
Bild links: In einem Zwanzigerfeld liegen 7 blaue Plättchen in der oberen Reihe. Kind mit Sprechblase: „Sieben“. Im Kasten darunter: „Inhaltsbezogene Kompetenzen: kann strukturierte Mengen im Zahlraum bis 10 quasi-simultan erfassen; kann bis 30 zählen“: Sprechblase mit „Das sind …“ Daneben Tablett mit Sprachaufnahme und Finger, der auf roten Aufnahmepunkt klickt. Im Kasten darunter: „Prozessbezogene Kompetenzen: kann mathematische Überlegungen materialgestützt und anhand einfacher Formulierungen darstellen sowie mit dem Text dokumentieren“
Unter den beiden Darstellungen Überschrift: „Förderbereiche“, darunter drei Darstellungen mit Kreisen und Kästen. Bild 1: Kind mit Sprechblase: „Das sind viele Steine.“ Im Kasten darunter: „Sprache: kann kurze Sätze selbstständig oder unter Zuhilfenahme von Sprachhilfen formulieren“
Bild 2: Symbol mit Hand, die Bausteine legt Kind zeigt darauf, daneben Sprechblase: „Legen.“ Im Kasten darunter: „Kognition: kann erarbeitete Bilder und Symbole erkennen und kann sich mithilfe dieser Inhalte erschließen“
Bild 3: Hand legt 3 Bausteine übereinander. Im Kasten darunter: „(Fein-) Motorik: kann Material greifen und zielgerichtet ablegen, auch wenn es gelegentlich verrutscht“
Abbildung 2: Lernvoraussetzungen von Jannis
Planungsgedanken

Aufbauend auf Jannis’ Lernvoraussetzungen stellen sich in der konkreten Unterrichtsplanung folgende Fragen, aus denen verschiedene Unterstützungsmaßnahmen resultieren:

 

Wie kann die Aufgabe angepasst werden?

Die Aufgabe steht im Kontext der Zahlraumerweiterung bis 100. Jannis kann zwar bis 30 zählen, soll hier jedoch vor allem lernen, Zahlen selbst strukturiert darzustellen. Aus diesem Grund arbeitet er statt mit 100 Bausteinen mit 20 Bausteinen. Der zweite Teil der Aufgabenstellung wurde für Jannis nicht verändert, da er seine Ergebnisse und Vorgehensweisen wie die anderen Kinder am Tablet dokumentieren kann. Somit lautet die angepasste Aufgabe wie folgt:

Angepasste Aufgabenstellung auf Tablet. Rechts oben Symbol für Einzelarbeit.
Arbeitsauftrag Teil 1: „Lege 20 Bausteine: Wie kann man schnell erkennen, dass es genau 20 sind?“ Links daneben Symbol: Hand, die Bausteine legt. Arbeitsauftrag Teil 2: „Fotografiere und erkläre.“ Links daneben zwei Symbole: eines mit einer Kamera, eines mit einer Person und Sprechblase.

Abbildung 3: Angepasste Aufgabenstellung

Aufgrund des veränderten Zahlraums arbeitet er in Einzelarbeit. Damit er sich trotzdem mit anderen Kindern über Ideen zur Strukturierung austauschen kann, wird vor allem in der Reflexionsphase Raum dafür geschaffen.

 

Wie kann sprachlich unterstützt werden?

Da Jannis ihm bekannte Symbole deuten kann, werden zur sprachlichen Unterstützung im Arbeitsauftrag ein Symbol für das Legen der Bausteine und jeweils eins für das Fotografieren und das Erklären eingefügt (siehe Abb. 3). Diese Vorgehensweise unterstützt auch die anderen Kinder der Klasse. Daher werden diese Symbole auch bei der Darstellung des Arbeitsauftrags für alle genutzt (siehe Abb. 1).

Für das Erklären werden zur Unterstützung für alle Kinder Formulierungshilfen auf dem Tablet hinterlegt (siehe Abb. 4). Durch Klicken auf das Lautsprechersymbol können sich die Lernenden die jeweiligen Formulierungshilfen vorlesen lassen (siehe „Material für den eigenen Unterricht“). Diese Unterstützung kann auch Jannis nutzen.

Formulierungshilfen auf Tablet. Überschrift: „Das hilft beim Erklären“
Darunter folgende Formulierungshilfen untereinander: 
„Das sind … Bausteine.“, „Das sehe ich schnell, weil…“, „Ich muss nicht jeden Baustein zählen, weil…“, „Es sind immer…“, „Zusammen sind das…“. Links neben jeder Formulierungshilfe befindet sich ein Lautsprecher-Symbol. Unten rechts befindet sich ein geschwungener Pfeil, der nach links zeigt.

Abbildung 4: Formulierungshilfen

Wie kann motorisch unterstützt werden?

Sollten die Bausteine beim Legen verrutschen, kann Jannis eine rutschfeste Unterlage nutzen. Diese steht ihm dauerhaft zur Verfügung und er kann sich das Hilfsmittel bei Bedarf selbstständig nehmen.

Bei Bedarf kann zusätzlich rutschfestes Klebeband an den Bausteinen angebracht werden, damit diese besser greifbar sind und beim Stapeln weniger verrutschen oder umfallen (siehe Abb. 5).

20 Bausteine liegen ungeordnet auf einer rutschfesten Unterlage. Auf jedem Baustein ist rutschfestes Klebeband befestigt.

Abbildung 5: Bausteine mit Klebeband auf rutschfester Unterlage

Wie kann Jannis inhaltlich unterstützt werden?

Inhaltlich wird er bei Bedarf von Herrn Wagner, dem Sonderpädagogen, unterstützt. Gemeinsam haben sich Herr Wagner und Frau Sommer, die Klassenlehrerin, im Vorfeld über mögliche Vorgehensweisen von Jannis und passende Impulse ausgetauscht. Möglicherweise legt Jannis die 20 Bausteine ohne hilfreiche Strukturierung (siehe Abb. 6) und benötigt deshalb Unterstützung darin, zu erkennen, dass ihm eine Strukturierung der Bausteine hilft.

Anordnung von 20 Bausteinen in Form einer spiralförmigen Schlange.
Abbildung 6: Darstellung von 20 Bausteinen ohne hilfreiche Strukturierung

In diesem Fall ordnet Herr Wagner beispielsweise 12 Bausteine unterschiedlich an. Dazu stellt er Impulse, die Jannis unterstützen sollen, eine hilfreiche Strukturierung zu erkennen. Anschließend soll er diese Strukturierung auf die 20 Bausteine übertragen (siehe Abb. 7).

Tabelle mit 2 Spalten und 2 Zeilen. 
Überschrift linke Spalte: „Anordnung“, rechte Spalte: „Mögliche Impulse“.
Zeile 1: in der linken Spalte Bild von 12 Bausteinen in Schlange angeordnet. In der rechten Spalte Impuls: „Kannst du hier ohne zu zählen erkennen, wie viele es sind? Warum (nicht)?“
Zeile 2: Bild in der linken Spalte: 12 Bausteine in 2 Fünfer-Päckchen und einem Zweier-Päckchen nebeneinander. In der rechten Spalte Impuls: „Wo kannst du schneller erkennen, wie viele Bausteine es sind? Warum? Lege deine 20 Bausteine auch so, dass du schnell erkennen kannst, wie viele es sind.“

Abbildung 7: Mögliche Anordnungen der Bausteine mit Impulsen

Wie kann Jannis in die Plenumsphasen eingebunden werden?

Ein differenzierter Unterricht berücksichtigt alle Phasen der Unterrichtstunde. Im Folgenden werden Überlegungen für die Einstiegsphase und die Reflexionsphase vorgestellt.

Im Einstieg steht das Erfassen von Mengen im Mittelpunkt („Wie viele Bausteine könnten das sein?“), um so erste Bündelungsgedanken anzubahnen. Dabei sollen die Vorerfahrungen der Kinder aktiviert werden, die sie individuell in das Unterrichtsgespräch einbringen können. Dabei kann auch Jannis mitschätzen (siehe Abb. 8).

Links ein Kreis mit vielen Abbildungen von Kinderköpfen. Davon ausgehend 2 Sprechblasen: „Das sind 1000.“ und „Das sind viele.“ Daneben auf einer Unterlage viele ungeordnete Bausteine. Daneben Abbildung einer Lehrerin mit Sprechblase: „Wie viele Bausteine könnten das sein?“

Abbildung 8: Einbindung in den Einstieg

In der Reflexion erfolgt ein Austausch über die erarbeiteten Strategien und Ergebnisse mithilfe von verschiedenen Impulsen, wie beispielsweise:

  • „Wie habt ihr die Bausteine gelegt, sodass man schnell erkennen kann, wie viele Bausteine auf eurem Tisch lagen?“
  • „Was war bei euch gleich? Was war anders?“

Damit Jannis’ Ideen mit eingebracht und aufgegriffen werden können, kann er seine Überlegungen zu Beginn der Reflexion vorstellen und dabei durch vorbereitete Satzanfänge unterstützt werden. Weitere Erkenntnisse der anderen Kinder können daraufhin in Beziehung zu seinen Ergebnissen mit der reduzierten Anzahl an Bausteinen gesetzt werden. Ziel der Reflexion ist es, dass die Lernenden erkennen, dass hier eine Bündelung zu Fünfern oder Zehnern wichtig und hilfreich ist (siehe Abb. 9).

Abbildung von digitaler Tafel mit Aufnahmen von Anordnungen der Bausteine.
Oben links: Anordnung von 20 Bausteinen in zwei Zehnerreihen, jede Zehnerreihe besteht aus zwei Fünferpäckchen. Die obere Reihe ist blau umrandet, daneben steht in blau das Zahlwort „Zehner“.
Darunter Anordnung von 100 Bausteinen in 10 Zehnerpäckchen, wobei jeweils 2 Zehnerpäckchen nebeneinander angeordnet sind. .Ein Zehnerpäckchen ist blau umrandet. .
Daneben Anordnung von 100 Bausteinen in 10 Zehnerstapel nebeneinander, wovon einer blau umrandet ist.
Rechts neben digitaler Tafel Abbildung einer Lehrkraft mit Sprechblase: „Was habt ihr gleich gemacht? Was habt ihr unterschiedlich gemacht?“

Abbildung 9: Einbindung in die Reflexionsphase

Material für den eigenen Unterricht

Um alle Lernenden bestmöglich zu erreichen, benötigt es eine passgenaue Unterstützung. Hier finden Sie Materialien, die gezielt zur Differenzierung eingesetzt werden können:

  • Unterrichtsplanung für eine mögliche Umsetzung der vorgestellten Stunde [als PPTX oder PDF
  • Arbeitsauftrag (Zahlraum 20) mit Symbolen zur sprachlichen Unterstützung [als PPTX oder PDF]
  • Arbeitsauftrag (Zahlraum 100) mit Symbolen zur sprachlichen Unterstützung [als PPTX oder PDF]
  • Formulierungshilfen [als PPTX oder PDF]
  • Arbeitsauftrag und Formulierungshilfen mit Vertonung (Zahlraum 20 und Zahlraum 100)
  • Bildkarten mit beispielhaften Anordnungen der Bausteine zur inhaltlichen Unterstützung für Kinder, die eigenständig noch keine hilfreiche Strukturierung finden (Zahlraum 20) [als PPTX oder PDF]

Die Materialien sind flexibel einsetzbar und können individuell angepasst werden – sowohl im Klassenverband als auch in der Einzelförderung.